Vagantenbühne

Waisen

Vagantenbühne Berlin, Premiere: 20.10.2011

von Dennis Kelly

mit Greta Galisch de Palma, Max Gertsch und Nikolaus Szentmiklosi

Regie und Ausstattung Folke Braband

Dannys und Helens romantisches Abendessen wird jäh unterbrochen, als Helens Bruder Liam blutüberströmt ins Zimmer platzt. Nicht sein Blut, sagt er. Auf der Straße sei ein Junge niedergestochen worden, er habe ihm bloß geholfen. Danny will die Polizei rufen. Helen hindert ihn daran. Schließlich ist Liam vorbestraft, da ist es besser, keine Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken. Von diesem Moment an verwandelt sich der romantische Abend des Paares in einen grauenhaften Albtraum. Liam beginnt, sich zu widersprechen. Mehr und mehr entpuppt sich der angebliche Helfer selbst als Täter. Dennoch bleibt er Helens einziger Bruder, für den sie sich verantwortlich fühlt, seit ihre Eltern starben – jedenfalls weit mehr als für einen Wildfremden draußen, wahrscheinlich Araber, „irgend so einen … Typ, den wir gar nicht kennen“. Und auch von Danny verlangt sie, für seine Familie einzustehen, über alle Prinzipien von Recht und Gesetz hinaus.

So beginnt WAISEN von Dennis Kelly, dem shooting star unter der neuen Generation englischer Dramatiker. Sozial- und weltpolitische Ereignisse bilden den Hintergrund für das Handeln der Menschen in Kellys Stücken: Die Folgen der Immigration, der islamische Terrorismus, Abu Ghraib, die omnipräsente Ausländerfeindlichkeit. „Während des Schreibens fragte ich mich: was ist der Kern für all das? Für die Ausländerfeindlichkeit, den Terror. Und so begann ich über Angst zu schreiben. Die Angst in unseren Köpfen.“ (Dennis Kelly).

Der Regisseur Folke Braband inszeniert „Waisen“ als einen spannungsgeladenen Psychothriller. Vor dem Hintergrund alltäglich gewordener Gewalt rückt die Inszenierung bedrohlich nah an unsere Welt heran.

Presse

Zwei Stunden spannend lastendes Theater bei den Vaganten Märkische Oderzeitung

Waisen ist wieder so eines der intensiven Gegenwartsstücke, wie sie den Vaganten mit geringsten Mitteln glänzend gelingen. Radiokultur

Die Darsteller machen ihre Sache gut, besonders Nikolaus Szentmiklosi als Schläger Liam. Er zeigt ein Raubein voller Fantasie und unterdrückter Zärtlichkeit, einen Einsamen, der sich sein Leben mit überbordender Phantasie schön zu machen versucht. Nervös bringt Max Gertsch den Hausherrn Danny auf die Bühne, der dem Druck von außen nicht gewachsen ist. Greta Galisch de Palma gibt Helen, der Schwester des Messerstechers, Härte und Gespanntheit mit sparsamer Gestik. Sie hat den Mut, Verweigerungshaltung gegenüber allem Tatsächlichen bis zur Schmerzgrenze aufzubauen. Der Tagesspiegel