Kammerspiele Wien / Premiere am 24.9.2020
von Daniel Glattauer
mit Roman Schmelzer, Martina Stilp, Michael Dangl und Silvia Meisterle
Regie Folke Braband
Ausstattung Stephan Dietrich
Dramaturgie Silke Ofner
Fotos/Video Philine Hofmann
Trailer Jan Frankl
Alfred Henrich braucht Geld für ein Geschenk zum Hochzeitstag und erlebt ein Trauma: Der Geldautomat verwehrt ihm seit Tagen den Zugriff auf sein Konto. Die Betreuerin versichert ihm, dass es seinen Ersparnissen gut gehe, dass sie aber gerade auf „Geschäftsreise“ seien. Und der smarte Bankdirektor will über alles reden, nur nicht über Finanzen. Lieber präsentiert er dem verzweifelten Kunden die Bank der Zukunft, die das Menschliche in den Vordergrund stellt. – Was vor allem bei Ulli, Alfreds Ehefrau, überraschend gut ankommt…
„Geld verschwindet von der Bildfläche – und von den Verkaufsflächen sowieso. Wir ersticken in einem Meer von Kredit- und Kundenkarten, der Handel versorgt uns zur Fütterung der niemals satten Wirtschaft mit immer neuen Automaten. Geld stiehlt sich indes davon. Und Geld soll uns schön langsam gestohlen bleiben. Wo es sich befindet? – Auf der Bank. Wahrscheinlich. Zumindest wurde es dort zuletzt gesehen.“ Daniel Glattauer
Der Antiheld könnte Glattauer Alter Ego sein: ein schüchterner Sparer, den Roman Schmelzer mit sicherem Strich zeichnet – rührend in seiner Hilflosigkeit, drollig in seinem Zorn. Eine Wucht ist ist Michael Dangl als Bankdirektor: Wie sich da geschniegelte Schleimigkeit fast ins Dämonische auswächst, trägt den Abend. Die Presse
Mit Roman Schmelzer als beherzt in kafkaeske Ausweglosigkeit Taumelden kann man sich gut identifizieren. Martina Stilp spielt ein Mischwesen aus Finanzberater und Kontenroboter pointensicher, Michael Dangl ist quasi die menschgewordene joviale Bankwerbung und Silvia Meisterle bringt als Gattin Ulli noch extra Naivität mit einem Schuss Aggressivität ins Finale. Glattauer ist ein unterhaltsames Stück gelungen, das die Fallnetze der Finanzwelt elegant aufgreift, ohne zu technisch zu werden – es bleibt Platz für eine Poesie des Irrwitzes. Pandemiefreundliche pausenfreie Länge eineinhalb Stunden inbegriffen. Wiener Zeitung
Wenn es einen Spezialisten für sogenannte Well-Made Plays in positivster Hinsicht gibt, dann ist das wohl Daniel Glattauer. Und wie die Vorgänger dürfte auch diese herrlich-komische, dabei bitterböse Bankengroteske ein absoluter Hit werden. Ein wunderbar irrwitziger, grotesker Spießrutenlauf eines „kleinen Mannes“ im Kampf um seine Rechte, den Regisseur Folke Braband im schicken Glas- und Neon Bühnenbild (Video-Projektionen inklusive) von Stephan Dietrich sehr flott und sicher inszeniert hat. Da sitzen die Pointen, da stimmen Tempo und Timing, da ist auch dank der geschliffenen Dialoge Gelächter stets garantiert. Umso mehr, da die Josefstadt exzellente Darsteller zur Verfügung hat. Hinreißend etwa, wie Roman Schmelzer seinen Henrich als Biedermann am Rande des Nervenzusammenbruchs gibt, der durch einen kafkaesken Albtraum zu irren scheint. Großartig auch Michael Dangl als Bankdirektor Cerny, der nicht über Geld, sondern lieber über die schönen Künste sprechen und sein lyrisches Talent ausleben möchte. Allein das zwischen Aufbegehren und Unterwerfung changierende Duell dieser beiden ist zum Brüllen komisch. Dazu kommen noch Martina Stilp als freundlich lächelnde, eiskalte Bankberaterin sowie Silvia Meisterle als Henrichs naive, aber umwerfend witzige Ehefrau Ulli. Dieses Quartett agiert so spielfreudig, dass es ein großes Vergnügen ist. Die allerletzte Pointe aber bekommt der Abspann. Da wird nämlich dem Institut „Die liebe Bank“ – bestehend aus dem Konsortium aus HypoBank, Wirecard und Kommerzialbank Burgenland – herzlich für die Unterstützung der Produktion gedankt. Und man erkennt, wie nahe Glattauer an der Realität ist. Kurier
Das Alltägliche wächst unter nicht immer brüllenden Schmähs zur Katastrophe. Das Publikum erkennt sich darin, zahlreich herausplatzenden Lachern nach, trotzdem. Statt menschliche Wärme herzustellen, überspitzt Glattauer diesmal ein System, indem er dessen Sätze vom „arbeitenden Geld“ oder „Was zählt, sind die Menschen“ ins Absurde dreht. Noch ehe alle Slogans verklungen sind, johlt das Publikum – etwas zu sehr. So schlecht sind Banken dieser Tage also angeschrieben. Der Standard
Daniel Glattauer versteht sein Metier, und so wird auch „Die Liebe Geld“ ohne Zweifel seinen Weg machen – als genau jener zeitgenössische Boulevard, den Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger für die Kammerspiele immer im Auge hatte.
Glattauer hat alles an unseren Erfahrungen und Befürchtungen im Umgang mit den Banken zu einer Geschichte verdichtet, die nur in ihrer Zuspitzung absurd wirkt. Folke Braband sorgt für reibungslosen Ablauf der pointierten Dialoge. Roman Schmelzer zeichnet Herrn Henrich erfolgreich als wahren Max Mustermann, zerrissen zwischen Aufbegehren und Unterwürfigkeit, Martina Stilp und Michael Dangl spielen lustvoll überzeichnete Arroganzler und Silvia Meisterle sorgt mit ihrem späten Auftritt als naive Frau Henrich für ein paar komödiantische Glanzlichter, ehe es im Finale doch noch zu einem überraschenden Geldregen kommt. APA
Folke Braband hat inszeniert, er und Ausstatter Stephan Dietrich, dazu die Big-Brother-Videos von Philine Hofmann, rücken den Text in die Nähe einer dystopischen Farce, die wie alle guten des Genres ein Spiegelbild des Heute zu sein hat. Ein Glück für das Stück. Menschen wie Maschinen sind so durchgestylt und sleek wie ihre Umgebung klinisch, zwischen Überwachungskamera-Videos und Telefonwarteschleifen-Wahnsinn. Schmelzer, als Meister der 101 Masken der komischen Verzweiflung, dringt endlich zur blondperückten Martina Stilp aka Frau Mag. Drobesch vor, diese so spooky wie eine künstliche Intelligenz, die ihm erklärt, sein Geld sei auf Geschäftsreise, es arbeitet, sei ergo jetzt nicht da und verfügbar. Zur knitterfreien Teflon-Frau mit Experten-Sprech gesellt sich der Oberboss, Michael Dangl als Dr. Cerny, und er adelt den knappen Text mit seiner Performance als ölig-jovialer Banker-Populist, als Sektenchef der Hochfinanz, der Scientologie-gleich die Allmacht über die ihm in Gelddingen Ausgelieferten hat. Dangl ist entfesselt als nestroyianischer Dämon der Geldmafia. Es wäre unrichtig zu sagen, man hätte nicht kortnerisch gelacht, es wäre unfair nicht zu sagen: Schau’n sie sich das an. Also los geht‘s! Steht ein Mann beim Bankomat … Mottingers Meinung